15 Mar 23

Die Vorteile der Textbearbeitung im Vier-Augen-Prinzip

von Andreas Kaizik

Wenn wir Texte korrigieren oder lektorieren, arbeiten wir grundsätzlich im Vier-Augen-Prinzip. Das heißt, jeder Text wird von zwei Personen bearbeitet. Hin und wieder werden wir gefragt, ob dadurch zusätzliche Kosten entstehen und ob eine solche Bearbeitung mehr Zeit in Anspruch nimmt. – Beides ist nicht der Fall, was sich anhand eines Beispiels leicht verdeutlichen lässt: Soll ein Text mit mehreren Hundert Seiten bearbeitet werden, gibt es viel zu beachten: Natürlich müssen alle orthografischen Fehler korrigiert werden, aber auch mögliche Varianten von Schreibweisen beispielsweise von Komposita und die Verwendung von Abkürzungen, Einheiten, Zahlen und Ziffern müssen vereinheitlicht, Eigennamen geprüft, Zitierweisen und Quellenangaben korrekt verwendet werden. Wichtig ist zudem eine geschlechtergerechte und diskriminierungssensible Sprache. Und insbesondere bei einem Lektorat muss oft eine gute Verständlichkeit erst hergestellt werden, zudem wird die Richtigkeit von Aussagen geprüft und oft auch Fachsprache so übersetzt, dass sie allgemeinverständlich wird. Wo nötig, werden zudem Syntax und Stilistik verbessert und – bei Werken, die von mehreren Autorinnen und Autoren verfasst wurden – verschiedene Schreibstile angeglichen.

Wird diese Arbeit von einer Person durchgeführt, hat sie zwei Möglichkeiten: Sie versucht, alle genannten Schritte in einem Lesedurchgang abzuarbeiten, was unserer Meinung nach nahezu unmöglich ist. Auf jeden Fall führt diese Methode zu einem sehr langsamen Lesen, was häufig zulasten des Gesamtüberblicks geht. Die zweite und seriösere Option besteht darin, den Text (mindestens) zweimal zu lesen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es reichlich Disziplin erfordert, einen langen Text gleich im Anschluss an die erste Lesung noch ein zweites (und drittes) Mal mit hoher Aufmerksamkeit zu lesen. – Deshalb bringt eine Bearbeitung im Vier-Augen-Prinzip nicht nur bessere Ergebnisse, sie ist auch effizienter. Wir machen es immer so: Person eins räumt bei der ersten Lesung erst einmal auf und versucht, so viele der oben aufgeführten Schritte wie möglich auszuführen. Dabei werden meist einige Fehler und stilistischen Feinheiten übersehen, aber das spielt zunächst keine Rolle. Denn nach dieser ersten Lesung geht der bereits sehr saubere Text an Person zwei, die sich nun mit frischem Kopf den Feinheiten widmen kann. Oft gibt es anschließend noch einige Formulierungen, die von beiden Bearbeitenden diskutiert werden – und zur Sicherheit führen wir noch ein paar Suchläufe nach bestimmten Schreibweisen aus. Am Ende ist es dann tatsächlich so, dass vier Augen mehr sehen als zwei: aus unserer Sicht eine Arbeitsweise, von der letztlich alle profitieren.